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Welche Leistung brauche ich?

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bedeutung der Watt-Angaben auf Verstärkern und Lautsprechern wird meistens stark überschätzt.
  • Sie sind für Laien kaum vernünftig interpretierbar und meist irreführend; wer sich nicht in die Materie einarbeiten möchte, sollte sie besser komplett ignorieren.
  • Für ein kräftiges, dynamisches und unverzerrtes Klangbild auch bei hohen Lautstärken sind Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad / Kennschalldruck wesentlich wichtiger als leistungsstarke Verstärker.
  • Fast alle handelsüblichen Hifi-Lautsprecher erreichen mit fast allen handelsüblichen Verstärkern eine Lautstärke, die der Mehrheit der Anwender völlig ausreicht. Wer also glaubt, nicht besonders laut hören zu müssen und gängige Standardware der üblichen Hersteller kauft, braucht sich mit dem Thema Leistung nicht zu beschäftigen.

Die Werbung für Verstärker und Lautsprecher stellt fast immer vor allem diverse Wattangaben in den Vordergrund. Viele Einsteiger ziehen daraus den Schluss, es handele sich um ein wichtiges Qualitätsmerkmal und kaufen daher Produkte mit möglichst hohen Leistungsangaben. Vor allem wenig vertrauenswürdige Billighersteller aus China machen sich das zunutze und werben mit gigantischen, teilweise vierstelligen Leistungsangaben, die mit der Realität nichts zu tun haben. Teure High-End-Verstärker hingegen haben laut Hersteller manchmal nur „mickrige“ 25 W.

Der Grund ist, dass es keinen einheitlichen Standard gibt, wie die Leistung ermittelt wird. Es gibt zwar diverse Prüfnormen, aber es bleibt jedem Hersteller überlassen, ob und welche er davon anwendet. Selbst innerhalb ein und desselben Herstellers werden die Werte oft nach ganz unterschiedlichen Verfahren und Parametern entwickelt.

Hinzu kommt, dass die Angaben bei Verstärkern auch nicht wirklich geeignet/ausreichend sind, um sich ein Bild von der tatsächlichen Dynamik und Laststabilität zu machen, weil hierfür noch zahlreiche andere Faktoren wichtig sind (siehe weiter unten).

Fast alle Markenverstärker liefern an den meisten Lautsprechern ausreichend Leistung, um normale Pop- und Rockmusik auch in deutlich gehobener Zimmerlautstärke auf sehr hohem Niveau wiederzugeben. Nur bei Lautsprechern mit geringem Wirkungsgrad (Kennschalldruck weniger als 87 dB) muss man hier vorsichtig sein. Diese sind aber bei den handelsüblichen Lautsprechern im niedrigen bis mittleren Preissegment eher selten (aber zum Beispiel bei Nubert und Saxx zu finden).

Wer sich damit nicht begnügt und die Sache genauer angehen will, hat es nicht einfach. Die folgenden Ausführungen können dabei helfen.

Lautsprecher

Fangen wir mit dem einfacheren Thema an, den Lautsprechern. Hier finden sich oft Angaben wie „150/200 W“. Hierbei handelt es sich aber (außer bei Aktivlautsprechern) nicht um eine Leistung (denn die kommt vom Verstärker), sondern um die Belastbarkeit. Die Werte geben an, mit welcher Verstärkerleistung man die Lautsprecher betreiben kann, ohne dass sie Schaden nehmen. Diese Angaben haben aber nichts mit deren Klang oder mit der maximal möglichen Lautstärke zu tun! Wenigstens nicht direkt, denn welche Lautstärke mit einem Lautsprecher erzielbar ist, hängt vor allem von dessen Wirkungsgrad ab (einige Lautsprecher benötigen für dieselbe Lautstärke die 100-fache Leistung wie andere!) Zudem begrenzen starke Verzerrungen und unzureichende Membranfläche die mögliche Lautstärke meist mehr als die Belastbarkeit.

Natürlich ist eine hohe Belastbarkeit im Prinzip besser, aber sie sollte kein wesentliches Kaufkriterium sein, so lange man nicht regelmäßig Partys in Discolautstärke plant. Auch hier sind die Angaben letztlich nur Richtwerte. Es gibt kein einheitliches Verfahren zu ihrer Ermittlung und die Angaben sind nicht direkt vergleichbar.

Die meisten handelsüblichen Lautsprecher kann man lauter betreiben, als man normalerweise möchte, denn sie fangen an, hörbar unangenehm zu klingen, bevor sie kaputt gehen. (Darauf sollte man aber auch achten, also langsam lauter drehen und bei mehr als nur geringen hörbaren Verzerrungen Lautstärke sofort reduzieren!)

Verstärker

Bei Verstärkern wird die Sache noch komplizierter.

Theoretisch reichen für die meisten Lautsprecher schon wenige Watt, um in gehobener Zimmerlautstärke Musik zu hören. Man kann sich das (überschlägig) einfach ausrechnen. Wenn ich eine mögliche Lautstärke von 100 dB erzielen will (das ist den meisten Menschen bereits deutlich zu laut), dann muss ich bei einem Lautsprecher mit einem Kennschalldruck von 90 dB / W @ 1 m die zehnfache Leistung liefern (10 dB Unterschied sind immer eine Verdoppelung der Lautstärke und benötigen die zehnfache Leistung, genaue Formeln und Zusammenhänge kann man gut bei Sengpielaudio nachlesen). Demnach würden bereits zehn Watt reichen, um richtig laut Musik zu hören.

Das stimmt auch - aber dennoch sind 10 Watt nicht unbedingt ausreichend für hochwertigen Musikgenuss. Es handelt sich nämlich nur um Durchschnittswerte. Bei sehr dynamischer Musik, also Musik mit sehr schnellen und plötzlichen Unterschieden zwischen laut und leise, kann kurzfristig auch eine erheblich höhere Leistung erforderlich sein. Wenn die fehlt, kommt es zum Clipping, was sich wiederum in hörbaren Verzerrungen äußert. Ob der Verstärker diese Leistung liefern kann, kann man aus den üblichen Leistungsangaben kaum erkennen.

Zum einen muss hier die Stromversorgung ausreichend sein, das heißt das Netzteil muss in der Lage sein, den nötigen Strom schnell genug zu liefern. Hierzu machen die Hersteller fast nie direkte Angaben; oftmals wird aber der maximale Stromverbrauch angegeben, der ein gutes Indiz darstellt. Auch das Gewicht des Verstärkers kann ein Indiz sein, denn die Stromversorgung macht einen Großteil davon aus. Allerdings ermöglichen stromsparende Class-D-Endstufen und Schaltnetzteile bei demselben Gewicht höhere Leistungen als Class-A/B-Endstufen und Ringkerntransformatoren, so dass dies nur begrenzt vergleichbar ist.

Zum anderen baut man in ordentliche Verstärker Speicherkondensatoren ein, die bei geringer Last Stromladung speichern und bei Dynamikspitzen schnell abgeben können, so dass der Verstärker mehr Leistung bringen kann, als das Netzteil liefert. Technische Angaben hierzu machen die Hersteller aber auch selten.

Klingt alles recht ernüchternd - denn wie soll man nun den Verstärker auswählen? In der Praxis ist das nicht ganz so schlimm, weil zum einen die meiste heutige Musik gar nicht so dynamisch ist (siehe Loudness War) und zum anderen die hörbaren Unterschiede auch nicht so dramatisch. Außerdem tun sich die üblichen Massenhersteller wie Yamaha, Onkyo, Pioneer etc. in ihrer jeweiligen Preisklasse nicht viel.

Als grobe Hilfe kann man sich an den folgenden Kriterien orientieren, wobei die Ausprägung links jeweils auf einen geringen Leistungsbedarf hinweist, rechts auf einen hohen:

  • Gewünschte maximale Lautstärke am Hörplatz: Zimmerlautstärke ⇒ realistische Lautstärke ⇒ Discopegel
  • Hörabstand: unter 2 Meter ⇒ über 7 Meter
  • Raumgröße: unter 30 m³ ⇒ über 200 m³ (Achtung, Kubikmeter!)
  • Kennschalldruck der Lautsprecher: über 92 dB @ 1 W , 1 m ⇒ unter 86 dB @ 1 W, 1 m -
  • Bassmanagement/Trennfrequenz bei Subwoofernutzung: 150 Hz ⇒ 60 Hz ⇒ Satelliten auf „Large“
  • Raumakustik: sehr halliger Raum ⇒ stark bedämpfter Raum

Wenn man bei drei oder mehr dieser Kriterien eine weit rechts stehende Ausprägung vorfindet, ist die Möglichkeit gegeben, dass die übliche Leistung normaler AV-Receiver oder Stereoverstärker nicht ausreicht.

Besonderheiten Mehrkanalverstärker/AVR

Bei AV-Receivern wird - anders als bei Stereoverstärkern - meist die Leistung nur eines Kanals angegeben. Dies gilt auch dann, wenn dort „5 x 100 W“ oder ähnliches steht, denn dies bedeutet, dass zwar im Prinzip jeder der Kanäle theoretisch 100 W liefern kann - aber nur dann, wenn alle anderen Kanäle zur selben Zeit stumm bleiben (das ist nicht einmal praxisfern, denn sehr häufig ist tatsächlich nur oder fast nur der Centre-Lautsprecher aktiv).

Leider geben wenige Hersteller die weit weniger beeindruckend aussehende Maximalleistung im Stereobetrieb an, und noch seltener gar die maximale Leistung bei gleichzeitigem Betrieb aller Kanäle. Diese ist nämlich deutlich geringer, da sich alle Kanäle dieselbe Stromversorgung teilen. So wurde schon bei AVR, die mit einem Kanal über 100 W lieferten, bei Vollbetrieb eine Leistung von nur noch 6 W pro Kanal gemessen.

Das wirkt auf einen Laien zunächst dramatisch - ist aber weitaus weniger schlimm, als es klingt, denn es gilt:

Überraschung: Die benötigte Gesamtleistung (und erst recht die Leistung pro Kanal) ist umso geringer (nicht höher!), je mehr Lautsprecher aktiv sind!

Der Grund ist, dass beim gleichzeitigen Betrieb mehrerer Lautsprecher der Pegel deutlich ansteigt. Mit jeder Verdoppelung der Lautsprecherzahl steigt der Pegel bei einem unkorrelierten Signal (pro Kanal erzeugtes zufälliges rosa Rauschen) um 3 dB, bei einem korrelierten Signal (alle Lautsprecher geben exakt dasselbe Singal wieder) sogar um 6 dB. (In der Praxis wird man fast immer nur ein teilweise korreliertes Signal haben.)

Das bedeutet wiederum: Wenn der Toningenieur tatsächlich einmal den Soundtrack so abmischt, dass auf allen Lautsprechern dasselbe zu hören ist, steigt der Pegel erheblich an. Das wiederum würde bei Vollaussteuerung zu einem im Vergleich zu den Tönen aus nur einem oder zwei Lautsprechern viel zu hohen Gesamtpegel führen. Daher wird er den Pegel pro Kanal entsprechend absenken. Dies führt dazu, dass der Leistungsbedarf pro Kanal erheblich sinkt.

Beispielrechnung: Angenommen, für einen anzustrebenden Maximalpegel allein aus dem Centre-Lautsprecher (der wichtigste von allen) muss der AVR auf diesem Kanal 100 W liefern. Kommt nun eine Szene, wo der Centre stummbleibt, aber alle anderen vier Lautsprecher der unteren Ebene und sogar vier Lautsprecher der oberen Ebene dasselbe Signal wiedergeben, so ist das eine dreifache Verdoppelung der Anzahl, entsprechend einem um 9 dB erhöhten Pegel bei unkorreliertem Signal. Für denselben Gesamtpegel muss man also den Pegel pro Lautsprecher um 9 dB senken - das bedeutet, ich benötige nur noch etwas über 10 W pro Kanal; in Summe über alle 8 Kanäle also sogar weniger als 100 W. Da das Signal aber in der Praxis sogar mindestens teilweise korrelieren dürfte, benötigt man dann sogar noch weniger.

Vor diesem Hintergrund dürften die zunächst erschreckend erscheinenden 6 W sich weit weniger dramatisch auswirken, als es zunächst aussieht.

„Meine Lautsprecher haben 150 W, muss mein Verstärker auch 150 W haben?“

Dies ist eine von Einsteigern oft gestellte Frage, die wohl auch deswegen so oft gestellt wird, weil diese Wattangaben auf fast allen Lautsprechern stehen. Dabei ist ihre praktische Relevanz sehr gering.

Grundsätzlich gilt, wie oben beschrieben, dass Lautsprecher keine Watt „haben“, sondern nur Watt vertragen können (oder eben nicht). Der Verstärker muss zudem nur die Leistung haben, um die gewünschte maximale Lautstärke zu erzielen. Mit der Belastbarkeit des Lautsprechers hat das nichts zu tun. Daher ist es für die benötigte Verstärkerleistung egal, welche Belastbarkeit die Lautsprecher haben.

Relevant ist das Verhältnis zwischen Verstärkerleistung und Belastbarkeit nur für die Frage, wie leicht die Lautsprecher Schaden nehmen könnten. Häufig werden zwei gegensätzliche Thesen vertreten, dass man in Abhängigkeit von der Belastbarkeit der Lautsprecher eine bestimmte minimale oder maximale Verstärkerleistung haben sollte, um solche Schäden zu vermeiden.

  • Die erste These lautet, dass der Verstärker deutlich weniger Leistung haben müsse als die Belastbarkeit der Boxen. Dadurch könne man gar nicht so laut drehen, dass die Lautsprecher davon kaputt gingen, weil der Verstärker dafür gar nicht genug Leistung habe. Dem wird entgegen gehalten, dass die Verstärker bei unzureichender Leistung anfangen zu verzerren („clippen“), was wiederum eine hohe Belastung für die Lautsprecher darstellen kann, so dass diese auch unter ihrer normalen Sinusbelastbarkeit kaputt gehen können, und dass man bei zu wenig Leistung auch nicht die maximal mögliche Lautstärke erzielen kann, die man mit einem stärkeren Verstärker erzielen könnte.
  • Die zweite, genau gegenteilige These hingegen besagt, dass der Verstärker immer deutlich mehr Leistung haben müsse als die Belastbarkeitsangabe der Lautsprecher. Er könne dann nicht ins Clippen kommen und die Chassis seien weniger gefährdet. Bei näherer Betrachtung hat diese These jedoch ebenso ihre Schwächen. Man führe sich nur einmal vor Augen, was das bedeuten würde: Ein 200-W-Verstärker würde dieser These nach zwar keine Gefahr für einen Lautsprecher mit 100 W Belastbarkeit darstellen, für einen (viel robusteren) Lautsprecher mit 400 W Belastbarkeit hingegen schon. Das hört sich nicht nur abstrus an, das ist es auch: Zum einen kann man mit einem solchen Verstärker leichter die Belastbarkeit der Lautsprecher überschreiten, ohne dass man Verzerrungen hört - man merkt also unter Umständen gar nicht, wann es zu laut wird für die Lautsprecher - bzw. erst dann, wenn es zu spät ist. Bei einem zu schwachen Verstärker erhält man vorher solche Warnsignale! Zum anderen ist es nicht praktikabel, pauschal so hohe Verstärkerleistungen zu fordern, weil man dafür bei den meisten Lautsprechern relativ teure und leistungsfähige Verstärker bräuchte. Etwa die Hälfte der üblichen angebotenen Lautsprecher hat eine Nennbelastbarkeit von mehr als 150 W. Verstärker, die eine deutlich höhere Leistung liefern können (also ab 200 W aufwärts), sind eher die Ausnahme und im Hifi-Bereich relativ teuer. Es wäre unsinnig, so viel Geld auszugeben, wenn diese Leistung später nie benötigt wird (und das ist meistens der Fall).

Letztlich bleibt es dabei: Schutz vor Lautsprecherdefekten erreicht man nicht über die Wahl einer bestimmten Verstärkerleistung, sondern man muss beim sehr lauten Hören stets auf hörbare Verzerrungen achten, und wenn diese wahrnehmbar sind, sofort leiser drehen. Und hundertprozentigen Schutz vor Schäden durch Überlastung gibt es nicht - außer einfach nicht so laut zu hören.

Die richtige Verstärkerleistung für das Musikhören richtet sich nach dem angestrebten Maximalpegel und dem Wirkungsgrad der Lautsprecher - deren Belastbarkeit in Watt spielt dafür praktisch keine Rolle.

Leistungsangaben

Wer sich den vorherigen Ausführungen zum Trotz dennoch mit den Leistungen von Verstärkern beschäftigen will, sollte wenigstens wissen, wie die Angaben zu interpretieren sind. Dazu helfen die folgenden Erläuterungen. Eilige sollten hier aber nicht weiterlesen, sondern sich lieber an den Ausführungen oben orientieren.

Wie eingangs bereits erwähnt sind die in der Werbung herausgestellten Leistungsangaben schwer vergleichbar. Je nach Darstellungsweise können bei realiter vergleichbarer Leistung die nominalen Angaben um ein Zigfaches abweichen - ohne dass der Hersteller wirklich „lügt“. Gerade billige No-Name-Geräte protzen oft mit gigantischen vierstelligen Wattzahlen, und leisten doch kaum mehr als andere Geräte mit Angaben im zweistelligen Bereich.

Wie sollten Leistungsangaben aussehen?

Sehr häufig werden Leistungen einfach nur mit „soundsoviel Watt“ angegeben. Solche Angaben sind nahezu wertlos. Um Leistungsangaben einigermaßen vergleichen zu können, sind einige Zusatzinformationen erforderlich, um sie überhaupt einordnen zu können. Diese sind:

  • Die (nominale) Impedanz, die bei der Messung zugrunde gelegt wurde. Üblich sind Angaben bei 4, 6 oder 8 Ohm, bei PA-Verstärkern auch 2 Ohm. Je niedriger die Impedanz, desto höher ist die Leistung, die der Verstärker abgibt - allerdings ist das Verhältnis nicht proportional. Bei vollständig laststabilen Verstärkern kann man die Leistungsangaben verschiedener Impedanzen ineinander umrechnen, in der Praxis gibt es da mehr oder weniger große Abweichungen.
  • Der Klirrfaktor: Hier gibt es leider sehr wenig Einheitlichkeit bei den Angaben; üblich sind Werte zwischen 0,07 % und 1 %, seltener sogar bis zu 10 %. Der Klirr eines Verstärkers ist bei niedrigeren bis mittleren Leistungen meist relativ konstant, nimmt dann aber Annäherung an die Maximalleistung plötzlich sehr stark zu. Ein Verstärker A mit 100 W bei 0,1 % Klirr ist also leistungsfähiger als ein anderer (B) mit 100 W bei 1 % Klirr, da A bei 1 % Klirr mehr als 100 W leisten würde (leider kann man ohne weitere Angaben oder Messungen nicht genau sagen, wie viel mehr). Keine Relevanz hat hingegen die verbreitete Angabe des Klirrfaktors ohne Leistungswert oder bei „halber Leistung“. Diese Klirrwerte sind bei allen Verstärkern (außer Röhrenverstärker) deutlich unterhalb der Hörbarkeitsschwelle von ca. 1 %.
  • Die Frequenz der Leistungsmessung. Teilweise werden die Leistungen nur bei einer Frequenz von 1 kHz ermittelt. In den Höhen und Bässen wird diese Leistung aber oft nicht erreicht, weswegen Leistungsmessungen, die sich über das gesamte Hörspektrum von 20 Hz bis 20 kHz erstrecken, wesentlich aussagekräftiger sind.
  • Die Anzahl der verwendeten Kanäle: Bei Stereoverstärkern, die fast ausschließlich mit zwei Lautsprechern betrieben werden, wird in aller Regel die Leistung beim Betrieb beider Kanäle angegeben. Bei AVR hingegen muss man etwas aufpassen. Die Angabe „7 x 140 W“ bedeutet nicht, dass der Verstärker im Extremfall 7 x 140 W = 980 W leisten kann, sondern sie wird meist im (praktisch nie vorkommenden) Einkanalbetrieb ermittelt, also mit nur einem angeschlossenen Lautsprecher. Jede einzelne Endstufe erbringt die angegebene Leistung, aber werden mehrere Lautsprecher angeschlossen, sinkt die Leistung pro Kanal, weil die zentrale Stromversorgung nicht genug Leistung bereitstellt. Für den Vergleich mit einem Stereoverstärker sollte man daher die (oft auch angegebenen) Leistungen im Zweikanalbetrieb heranziehen.
  • Die Signalform und Dauer, die der Messung zugrunde liegt. Die Leistung ist von der Form des Signals und der Dauer der Leistungsabgabe abhängig: Ein Rechtecksignal führt zu über 50 % mehr Leistung als ein Sinussignal. Musiksignale sind wesentlich komplexer, weshalb man in guten Leistungsmessungen meist ein Rosa Rauschen verwendet, eine chaotische Mischung aus allen Frequenzen des Hörsprektrums, aber mit konstantem Energiegehalt je Frequenz. Die Dauer steht damit in Zusammenhang, denn im Millisekundenbereich können Verstärker weitaus höhere Leistungen abgeben als über mehrere Sekunden hinweg, etwa so, wie ein normaler Mensch über 50 Meter weitaus schneller laufen kann als über einen kompletten Marathon. Signalform und Dauer werden fast nie direkt angegeben, sondern es wird (wenn überhaupt Angaben gemacht werden) entweder auf eine Prüfnorm verwiesen oder eine der im folgenden beschriebenen Bezeichnungen verwendet.

Signalformen und Bezeichnungen

Wie bereits erwähnt, sind Wattzahlen ohne nähere Beschreibung zu ihrer Ermittlung fast wertlos. Idealerweise wird eine der Prüfnormen angegeben; in der Realität ist das aber nicht oft der Fall. Verbreitete Angaben sind:

RMS-Leistung

Dies ist die ehrlichste und aussagekräftigste Angabe, weil sie sehr gut mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit bei der Musikwiedergabe korreliert. Fast alle internationalen Prüfnormen setzen auf RMS. RMS steht für „Root Mean Square“ (deutsch: quadratisches Mittel), ein auf der Basis von Rosa Rauschen ermittelter Wert.

Sinus-Leistung

Hier wird mit einer reinen Sinuskurve gemessen, je nach Messung bei nur einer Frequenz oder breitbandig über das Hörspektrum. Die Werte einer breitbandigen Sinusmessung liegen nah bei denen, die sich nach dem RMS-Verfahren ergeben, bei einer reinen 1-kHz-Messung etwas darüber. Die Sinusleistung ist weniger aussagekräftig als die RMS-Leistung, aber immer noch deutlich hilfreicher als die meisten anderen Angaben.

Peak-Leistung/Spitzenleistung

Die Peak-Leistung ist die Leistung, die eine Endstufe kurzzeitig (im Millisekundenbereich) abgeben kann, und immer um ein Mehrfaches höher als der RMS-Wert. Die Beliebtheit der Angabe ist eher in der Werbewirksamkeit zu sehen als in ihrer Aussagekraft. Sinnvoll ist sie lediglich als Zusatzangabe im Zusammenhang mit der RMS-Leistung: ein starkes Verhältnis Spitzen- zu RMS-Leistung lässt auf eine gute Impulsverarbeitung schließen.

Musik-Leistung

Die Benennung basiert auf dem Gedanken, dass Musik keine konstanten Pegel hat und deswegen die kurzfristige Leistung eines Systems deutlich höher sein kann als nach der Messung mit Sinus- oder RMS-Tönen. Sie wurde in der DIN 45500 über einen Zeitraum von wenigen Sekunden gemessen und ist damit geringer als die Spitzenleistung, aber meist deutlich höher als bei RMS-Messungen und daher eher der Favorit von Marketingabteilungen als von Technikern.

Nennleistung

In der früheren HiFi-Norm DIN 45500 war Nennleistung die Leistung, die der Verstärker für mindestens 10 Minuten ohne Unterbrechung abgeben kann. Heutztage ist der Begriff nicht mehr eindeutig, wird aber auch nur noch selten verwendet. Im Zusammenhang mit Endstufen entspricht er meist ungefähr der RMS-Leistung.

PMPO-Leistung

PMP (Peak Music Power) und PMPO (Peak Music Power Output) sind Leistungsangaben, die überhaupt keine Aussagekraft besitzen. Sie werden meist von Billigherstellern verwendet, die sich um Seriösität nicht scheren und mit dicken Wattzahlen beeindrucken wollen. Frei ausgedrückt nach einem amerikanischen Blogger: Die PMPO-Leistung ist die RMS-Leistung multipliziert mit dem Alter der Großmutter des Werbetexters. Allein schon die Angabe dieser Leistung sollte Grund sein, das beworbene Produkt und dessen Hersteller fürderhin zu ignorieren.

Weitere wichtige Größen

Neben der Leistung der Endstufen sind noch zwei weitere Angaben relevant, die jedoch oft kaum zu ermitteln sind:

  • Die Leistung des Netzteils: Die dicksten Endstufen nützen nichts, wenn die davor liegende Stromversorgung zu schwach ist. Ein (leider nicht eindeutig vergleichbares und ausreichendes) Indiz hierfür ist die maximale Leistung des Netzteils. Diese findet man in den technischen Daten oft als „Stromverbrauch“ oder als Anschlusswert auf dem Typenschild an der Rückseite des Verstärkers.
  • Die Kapazität der Speicherkondensatoren: Verstärker haben zusätzlich zum Netzteil Speicherkondensatoren, aus denen kurzzeitig mehr Leistung abgerufen werden kann, als das Netzteil liefert. Je größer die Kapazität der Kondensatoren, desto größere Leistungsspitzen können sie abdecken. Leider findet man nur sehr selten Angaben hierzu in den technischen Daten. Aufschlussreich können aber Bilder vom Innenleben sein: Kondensatoren großer Kapazität sind auch physisch sehr groß.
  • Der Wirkungsgrad der Endstufen: Die beiden vorigen Angaben muss man immer im Zusammenhang mit dem Wirkungsgrad sehen. Je nach Bauweise schwankt dieser zwischen etwa 25 % (reine Class-A) und über 90 % (Class-D). Mit anderen Worten: Bei ineffizienten Class-A-Endstufen muss die Stromversorgung für dieselbe Ausgangsleitung etwa vier mal so Energie aufbringen wie für eine Class-D-Endstufe. (Reine Class-A-Verstärker sind deswegen auch selten.)

Wenig Bedeutung hat hingegen die Art des Netzteils: Ob einer der in High-End-Kreisen beliebten Ringkerntransformatoren verbaut ist oder ein modernes Schaltnetzteil, spielt für Leistung und Klang in der Regel keine Rolle.

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leistung.txt · Zuletzt geändert: 2022/02/06 16:07 von 127.0.0.1